Die LESELUSTigen

Seit bald zwei Jahren eine Erfolgsgeschichte: sich monatlich über Bücher austauschen, Lesetipps empfangen, eine Kritik wagen, sich überzeugen lassen, lesen, auslesen, vorlesen …mach mit bei den Leselustigen. Tauch ein in die wunderbaren, poetischen, lehrreichen, ins Denken bringenden literarischen Welten jeden Genres und aus mehreren Epochen.

Wir treffen uns monatlich zum unbeschwerten Book-Talk. Jeder Mensch ist herzlich willkommen. Weitere Infos: 076 250 05 58


Dezember 2024

Wir treffen uns am 19. Dezember um 19 Uhr bei Yvonne Kieliger am Hofweg 35 in Grenchen. Interessierte sind herzlich willkommen!

 



Oktober 2024

Im Oktober glich die Bücher-Auswahl der Leselustigen einer Tavolata der literarischen Art: Fantasy, Krimi, Historie, französischer Klassiker, ägyptischer Literaturnobelpreisträger, japanischer Beinahe-Literaturpreisträger und ein Schweizer Autor. Manches süffig, manches harte Kost, manches skandalös, jedes eine Delikatesse!

Über Akram El-Bahay muss man staunen! Seine wilden Fantasy- Romane sind selbst innerhalb des Genres etwas Besonderes. Dass er aber gleichzeitig auch Kinderbücher schreibt, macht den Deutsch-Ägypter definitiv zu einem aussergewöhnlichen Autor. Vom Zweiteiler «Magische Bilder» ist I. hin und weg! «Es ist schlicht unglaublich, was sich der Autor für seine Protagonisten ausdenkt.» Ort des Geschehens ist Paris. Der Hauptprotagonist, ein Fotograf, stellt plötzlich fest, dass er in und aus den Bildern Stimmen hört. Seine Fähigkeit, in die Bilder hineinzugehen, führt ihn auf eine fantastische Zeitreise, wo er sich dem Kampf gegen das Böse verschreibt. Atemberaubend erzählt, sehr empfehlenswert!

Akram El-Bahay: Magische Bilder, Band 1/2, 2023/24, Verlag Lübbe, 

368/384 Seiten

 

Urs Berner wurde 1944 in eine Bauernfamilie geboren und arbeitete als Lehrer, Journalist und Autor. «Wunschzeiten» (vergriffen) erschien 1985 und erzählt die Geschichte von Rosmarie, welche als Primarlehrerin tätig und verheiratet ist und somit in «geordneten Verhältnissen» lebt. Doch Rosmarie will aus diesen kleinbürgerlichen, spiessigen Strukturen ausbrechen, verlässt ihren Mann und gibt ihren bürgerlichen Beruf auf – um fortan in der Dorfbeiz im Service zu arbeiten. Dort kommt sie nun mit ganz anderen Menschen und Realitäten in Kontakt. M. ist besonders beeindruckt, wie es dem Autor gelingt, sich in seine weibliche Figur hineinzudenken. Ein Sittengemälde und Abbild des Geschlechterdiskurses in der Schweiz der 80er Jahre. 

Urs Berner: Wunschzeiten, 1985, Benziger Verlag, 248 Seiten (vergriffen)

 

Nagib Machfus (1911–2006) ist der bisher einzige Literaturnobelpreisträger aus dem arabischen Raum. Allein das macht seine Bücher zu einem Lese-Muss für diejenigen, die etwas über die Lebensverhältnisse in Ägypten erfahren wollen. Seine Themen sind damals wie heute aktuell: Wie lassen sich Tradition und Moderne verbinden? Wie gelingt es, dass unterschiedliche Religionsgemeinschaften, verschiedene politische Auffassungen und soziale Klassen friedlich zusammenleben? Die Stärke von Machfus ist es, mit grosser Menschlichkeit hinter die Geschichten der Protagonisten zu blicken und dabei doch nicht belehrend zu wirken. Viele seiner Bücher wurden verfilmt. Im Unionsverlag erschien das gesamte Werk des Autors, in deutscher Übersetzung von Doris Kilias. 

Die Kinder unseres Viertels (1991), Unionsverlag, Neuauflage 2018, 576 Seiten

 

Ingrid Noll (geb. 1935) ist zweifelsohne eine der erfolgreichsten deutschsprachigen Krimi-Autorinnen. Alle ihre Bücher, die praktisch im Zweijahresrhythmus erscheinen, hat sie im Zürcher Diogenes Verlag veröffentlicht. Auch in ihrem neuesten Buch «Gruss aus der Küche» bleibt Noll ihrem sarkastischen Erzählstil treu. «Böse bis zum geht nicht mehr», befindet M., schreibe Noll über menschliche Abgründe, über Enttäuschung und Rache. Dabei gehe es vordergründig weniger um das Auflösen eines Mordfalls als vielmehr um die dahinter stehende Frage des Motivs. Dass Noll hier mit einen besonderen Blick auf Frauen schreibt, macht ihre Bücher für ein weibliches Publikum besonders reizvoll.

Ingrid Noll, Gruss aus der Küche, Diogenes Verlag 2024, 304 Seiten

 

Christine de Pizan (1364–1429 war eine venezianische Schriftstellerin und Philosophin und gilt als die erste Autorin, die vom Schreiben leben konnte. Das 1404/05 entstandene «Buch von der Stadt der Frauen» ist ihr berühmtestes Werk, ein Klassiker der Weltliteratur. Das Buch ist eine so kluge wie witzige Streitschrift gegen Hatespeech aus der Feder frauenfeindlicher Autoren. Dagegen errichtet die Autorin eine Festung aus Bausteinen in Gestalt beispielhafter Geschichten über ideale Formen von Weiblichkeit – über Herrscherinnen, Kriegerinnen, Künstlerinnen, Dichterinnen oder Erfinderinnen. Ausserdem debattiert sie mit den drei Allegorien Gerechtigkeit, Rechtschaffenheit und Vernunft über Probleme wie verbale und physische Gewalt gegen Frauen oder deren erschwerten Zugang zu Bildung. 

Christine de Pizan, Das Buch von der Stadt der Frauen, 2024, Aviva Verlag, 376 Seiten

 

Junichiro Tanizaki (1886–1965) ist einer der bedeutendsten Autoren Japans. Er war mehrmals in Diskussion für den Literaturnobelpreis. Sein raffinierter Skandalroman gilt als Meilenstein in seinem literarischen Werk. Darin schildert er die Geschichte einer langjährigen Ehe, die von Frust und mangelnder Leidenschaft geprägt ist. Erst als ein Schlüssel zu einem geheimen Tagebuch auftaucht, kommen die unterdrückten Obsessionen und Sehnsüchte zutage – mit fatalen Folgen. «Ich schreibe dies nieder, weil ich es nicht mehr ertrage, nicht direkt mit ihr über die Intimitäten unseres Schlafzimmers sprechen zu können. Von nun an werde ich ohne Rücksicht darauf, ob sie es heimlich lesen wird, so schreiben, als spräche ich zu ihr.»

Junichiro Tanizaki, Der Schlüssel (orig. 1956), Kein&Aber 2016/ 2023, 192 Seiten

 

Voller unbefriedigter Wünsche vegetiert die verschlossene, aber sinnliche Thérèse an der Seite eines kränklichen und törichten Ehemannes dahin. Als ihr dieser eines Tages seinen alten Schulfreund Laurent vorstellt, kommt es zu einer unerwarteten Entwicklung. Im Aufeinanderprallen zweier zügelloser Temperamente entfesselt sich ein Drama von Ehebruch, Mord und Hysterie. Für die Zeitgenossen war Zolas «Studie menschlicher Triebhaftigkeit» skandalös und faszinierend zugleich. Sie gilt heute als erster naturalistischer Roman, als Beginn einer neuen Epoche.

Emile Zola (1840–1902) ist einer der grossen französischen Romanciers des 19. Jahrhunderts und Leitfigur und Begründer der gesamteuropäischen literarischen Strömung des Naturalismus. Sein Artikel «J’accuse…!» (Ich klage an…!) spielte eine Schlüsselrolle in der Dreyfus-Affäre und trug entscheidend zur späteren Rehabilitierung des fälschlich wegen Landesverrats verurteilten Offiziers Alfred Dreyfus bei.

Emile Zola, Thérèse Raquin (Neuauflage 2008, herausgegeben von 

Wolfgang Tschöke), dtv Verlag, 272 Seiten